Steyler Missionschronik 2022

08.03.2023

Deutschland - Die Steyler Missionschronik 2022 widmet sich der Arbeit der Steyler Missionare und Missionsschwestern in Togo, der Bibelarbeit vor allem in Afrika, dem Engagement für Menschenwürde in Amazonien und der Arbeit der Steyler wissenschaftllichen Institute in Sankt Augustin.


Über die Begegnung mit anderen Menschen und ihren Kulturen wird heutzutage oft und engagiert gesprochen, besonders heftig kann die Diskussion werden, wenn es um die Geschichte unter dem Blickpunkt des Kolonialismus geht. Bei solchen Gelegenheiten wird Mission dann sofort auch als Zwang zur Änderung von Gebräuchen, Weltanschauungen und Lebensweisen mit verurteilt. Wer sich allerdings über diese Vergangenheit mehr Gedanken macht und bereit ist differenzierter zu schauen, kommt auf Vielschichtigkeiten und auf jeden Fall hoch interessante Geschichten. Mission zeigt sich dann nicht mehr so simpel als einheitlicher Block, sondern es kommt eine größere interne Vielfalt von Zugängen und Vorgehensweisen zum Vorschein – die eine Mission in den vielen Missionen. In der Geschichtsforschung spricht man seit längerem von "Kontaktzonen" und meint damit, dass nicht ein weißer Kolonialherr oder Missionar an einer Grenze auf einheimische Gruppen und Völker traf, sondern dass es dort zu Kontakten und Austausch mit gegenseitigen Abhängigkeiten und Beziehungen kam, zweifellos auch in Ungleichheit und Ausbeutung, aber durchaus auch zum gegenseitigen Vorteil.

Die heutige Steyler Provinz Togo-Benin nahm ihren Anfang mitten in der kolonialen Bewegung nach Afrika: Im Winter 1884/85 fand in Berlin die sogenannte "Kongo-Konferenz" statt, auf der besonders der afrikanische Kontinent unter den europäischen Mächten in Kolonien aufgeteilt wurde. Es war nicht mehr viel frei für Unternehmungen des Deutschen Reichs: Togo, Benin, Kamerun, Namibia (in der Folge "Deutsch Südwestafrika") und Ostafrika (heute vor allem Tansania) fielen dem Deutschen Reich als Kolonien zu (die heutigen Landesgrenzen sind für die Orientierung nicht wirklich hilfreich).

Das Deutsche Reich wollte denn auch Deutsche als Missionare dort haben, um sich auf ihre Loyalität und Treue dem Vaterland gegenüber verlassen zu können – sowohl evangelische wie katholische Missionare. In diesem Kontext übernahmen 1892 die Steyler Missionare ihre erste Mission in Afrika, 1897 kamen auch die Steyler Missionsschwestern dorthin. Mit der vaterländischen Verlässlichkeit auf die Steyler gab es allerdings bald größere Probleme: Franz Müller SVD, einer der ersten Missionare im heutigen Togo, protestierte lebhaft gegen die übergriffige Behandlung der Kolonialbeamten den Einheimischen gegenüber und wurde ausgewiesen; andere unterwarfen sich dem Kolonialsystem offenbar mit weniger Widerstand.

Mit dem Ersten Weltkrieg wurde dieser Missionsarbeit ein Ende bereitet: Die deutschen Kolonien wurden von anderen Mächten übernommen, die Missionare ausgewiesen. Erst nach über einem halben Jahrhundert kehrten die Steyler in dieses Land zurück. Vor wenigen Monaten feierte die Steyler Provinz Togo-Benin ihr 130-jähriges Bestehen.

Die diesjährige Ausgabe der Steyler Missionschronik greift diesen Anlass auf und schaut nach Togo-Benin. Marian Schwark SVD arbeitet dort seit 1974 und ist so etwas wie der "Gründungsvater" des zweiten Anlaufs. Neben seinen pastoralen Aufgaben setzt er sich vor allem für Trinkwasser ein. Dafür bohrte er schon zahlreiche Brunnen. Die Steyler kümmern sich aber auch um das "lebendige Wasser", von dem das Evangelium spricht: In der Provinz engagieren sie sich stark für die Bibelpastoral und koordinieren Aktivitäten weit über Togo-Benin hinaus.

Ähnlich gestalten sich die Missionsarbeiten der Steyler Missionare auch in anderen Ländern Afrikas, in Brasilien oder in Deutschland in großer Vielfalt. Ein besonderes Arbeitsgebiet der Steyler ist das sogenannte "wissenschaftliche Apostolat". In der Deutschen Provinz gibt es dafür in diesem Jahr verschiedene mehr oder weniger "runde" Jahrestage von Instituten, die sich der Forschung und Herausgabe von Zeitschriften und Büchern auf verschiedenen Gebieten widmen.

Mit dieser Steyler Missionschronik berichten wir Ihnen wieder von einigen Arbeiten und Ausrichtungen der Mission der Steyler. Soweit ich sehe, geht es ihnen nicht um Unterdrückung und Zusammenarbeit mit Kolonialmächten – die es ja auch heute durchaus noch gibt, wenn manchmal auch unter anderem Deckmantel –, sondern um Solidarität, Befreiung und die gemeinsame Suche nach einem Leben in Fülle. In dieser Suche sind wir ja wahrscheinlich gemeinsam unterwegs, hier bei Ihnen zu Hause und weltweit. Ich bitte Sie dafür um Ihre Begleitung in Gebet und mit Ihrer Unterstützung.

Christian Tauchner SVD

 
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