Vorwort / Editorial

Heft 4/2011 von "Verbum SVD" präsentiert schwerpunktmäßig Beiträge von SVD-Missionswissenschaftlern über das Verhältnis zwischen ihrer missionswissenschaftlichen Forschung und ihrer Identität als Steyler Missionare. Sie stammen aus unterschiedlichen Kontexten und befassen sich auf verschiedene Weise mit missionswissenschaftlichen Fragestellungen.

Martin Ueffing SVD

Erlauben Sie mir, mit Erfahrungen zu beginnen. Nach meinem missionswissenschaftlichen Studium in Rom erhielt ich die Bestimmung für Tagaytay auf den Philippinen, um an der dortigen Divine Word School of Theology Missionswissenschaft zu unterrichten. Bald nachdem ich – nach dem üblichen Einführungsjahr mit Sprachkurs und Einführung in die Kultur, vor allem durch Pastoralarbeit – meine Arbeit aufnahm, wurde ich gebeten, auch in der Ausbildung der jungen Steyler dort mitzuwirken. Da es schon damals meine Überzeugung war, dass SVD-Formation immer Formation für Mission ist, nahm ich diese Aufgabe an, die sehr bald zu meiner Hauptaufgabe werden sollte. Im Rückblick auf die Jahre in Tagaytay war ich dort zuerst Formator und erst an zweiter Stelle Missionswissenschaftler, obwohl es gelang, enge Verbindungen zwischen beiden Aufgaben herzustellen. Mein Hauptinteresse in der Formation lag darin, immer wieder die missionarische Dimension unseres Ordenslebens in den Mittelpunkt zu stellen und die Mitbrüder in der Ausbildung in ihren eigenen Formationsprozessen mit dem Ziel einer gewissen missionarischen Kompetenz zu begleiten. Dabei war das SVD-Missionsverständnis von Bedeutung und hilfreich. Sowohl die Idee des „passing over“ (Hinübergehen) als auch das Konzept des „prophetischen Dialogs“ lassen sich sehr gut in der Formation aktualisieren und setzen eine gründliche Selbstkenntnis und tiefen Respekt vor anderen voraus. Kurse zur Vorbereitung und Begleitung meiner Tätigkeit in der Formation, die ich in Manila belegt hatte, halfen mir sehr bei meiner Arbeit; aber auch meine missionswissenschaftlichen Studien erwiesen sich als sehr wichtig.
Ich fing damit an zu versuchen, diese Erkenntnisse auch auf die Kurse, die ich in den Bereichen Missionswissenschaft und Fundamentaltheologie unterrichtete, anzuwenden. In beiden Fächern fand ich es wichtig, Kontext(e) und Theorie(n), Erfahrungen und die Lehre der Kirche miteinander zu verbinden. Für Mitglieder der Gesellschaft des Göttlichen Wortes spielt natürlich dieses Wort, wie es uns in der Heiligen Schrift übermittelt ist, eine zentrale Rolle, sodass auch immer wieder der Versuch unternommen wurde, Gottes Geschichte mit den Menschen, wie sie sich in der Bibel findet, mit Geschichte(n) der Menschen zu verbinden. In den Fächern Offenbarung und Glaube mussten Studenten jede Woche eine Reflexion schreiben, in der der Vorlesungsstoff mit eigenen Erfahrungen, dem eigenen Kontext und der eigenen Kultur in Beziehung gesetzt werden sollte. Der Kurs Missionswissenschaft bestand aus zwei Teilen: im ersten ging es um eine Einführung in die Thematik, im zweiten dann um Projekte aus der Begegnung mit lokalen missionarischen Situationen, über die die Studenten zu berichten hatten. Das waren Ansätze für Kontextualisierung – eine Notwendigkeit, die sich für mich vor allem aus der Verbindung von Missionswissenschaft und Formation ergab. Beides muss kontextuell sein, während die weitere Perspektive, die sich aus der Katholizität der Kirche und aus der weltweiten SVD ergibt, im Blick zu behalten ist. Später nahm ich in dem von Claretinern geleiteten „Institute for Consecrated Life in Asia“ (ICLA) in Manila an der Ausbildung von Formatoren für verschiedene asiatische Kontexte teil, indem ich dort Missionswissenschaft für das Ordensleben unterrichtete. Und wieder ergab sich die Notwendigkeit, Verbindungen herzustellen: zwischen Missionswissenschaft und Formation, zwischen dem Lokalen und dem Universalen, immer auf der Grundlage von Gott als dem Ursprung von beidem: der christlichen Berufung und der christlichen Mission. Das Missio Dei-Konzept ist nicht nur für das gegenwärtige Missionsverständnis, sondern auch für christliche Nachfolge, z. B. im Ordensleben, von Bedeutung.
Ich bin auch heute noch ein Formator, der weiterhin als Missionswissenschaftler tätig ist. Der Kontext hat sich radikal verändert, und damit auch die Methoden in Formation und Missionswissenschaft. Aber die Prägung aus den Jahren in den Philippinen bleibt und auch die Verbindung: meine missionswissenschaftliche Arbeit wird weiterhin stark von meinen Aufgaben als Formator bestimmt.
Das vorliegende Verbum SVD präsentiert schwerpunktmäßig Beiträge von SVD-Missionswissenschaftlern über das Verhältnis zwischen ihrer missionswissenschaftlichen Forschung und ihrer Identität als Steyler Missionare. Die Autoren stammen aus unterschiedlichen Kontexten und befassen sich auf verschiedene Weise mit missionswissenschaftlichen Fragestellungen. Auch sind die Wege der Einzelnen zur Missionswissenschaft unterschiedlich. Was alle verbindet, ist ihre Identität als Steyler Missionare. Damit verbunden sind auch Entwicklungen im Missionsverständnis und in der missionarischen Arbeit der Gesellschaft des Göttlichen Wortes. Vor allem die Entwicklungen der vergangenen Jahre haben zu einer verstärkten Kontextualisierung der Missionspraxis geführt – eine Tendenz, die sich auch auf das missionswissenschaftliche Arbeiten auswirkt. In weiteren Beiträgen geht es um die Anfänge von Pastoral- und Kulturinstituten sowie erneut um die Frage nach dem Dialog. Den Abschluss dieses Jahrgangs von Verbum SVD bilden wie üblich einige Buchbesprechungen sowie die Liste von Publikationen von Steyler Missionaren.
Allen Lesern, Autoren und dem Redaktionsteam in Sankt Augustin mit Frau Ludwig und Frau Striegel in den Büros möchte ich für die Unterstützung auch für diesen 52. Jahrgang des Verbum SVD herzlich danken.

Allow me to start this with my own experience. After my missiological studies in Rome I was assigned to Tagaytay, Philippines to teach missiology at the Divine Word School of Theology there. Soon after I started my work I was asked to also be a formator in the Divine Word Seminary. Because it was my conviction even then that SVD formation is always formation for mission, I accepted this second assignment that very soon became my main occupation. Looking back at the years in Tagaytay, I was first a formator, and only in the second place a missiologist. But in reality both aspects were closely interrelated: being an SVD formator and an SVD missiologist became two parts of my life that are closely related to one another. My main interest in formation has been to focus on the missionary dimension, to accompany formandi in their very own formation processes with the goal of a certain missionary competence – based on the SVD un-derstanding of mission. In that way, formation should also help people to “pass over” or to enter into or develop an attitude of “prophetic dialogue.” Both passing over and prophetic dialogue require serious self-knowledge and deep respect for others. Courses on formation I took in Manila helped a lot to prepare me for my work; but my missiological studies were also of great importance.
I started to attempt to apply these realizations to courses I was teaching in the field of Missiology or Fundamental Theology. In both subjects I found it important to relate context(s) and theory, experience and church teachings. For members of the Society of the Divine Word this Word, as it is presented to us in Scripture, is of essential importance. God’s story with humankind, as we find it in the Bible, is to be related to human life stories in ever new contexts and times. Students of courses in Revelation and Faith were required to submit weekly reflections, relating classroom teaching to their own experience, context, culture. The course in Missiology was divided into two parts – the first focusing on a basic introduction to Missiology, the second with exposure programs to local missionary situations. It was a way of contextualization, for which the need arose from the connection of Missiology and Formation. Both need to be contextual, while keeping in mind the wider perspective – both the catholic (universal) church and the worldwide SVD. Later, at the Claretian-run Institute for Consecrated Life in Asia (ICLA) in Manila I participated in the formation of future formators in very diverse Asian contexts. Again, the need arose to connect missiology and formation, the local and the universal, all based on the idea of God being the beginning of both – Christian vocation and Christian mission. The concept of the Missio Dei is of relevance not only for present-day understandings of mission, but also for Christian discipleship, for example in consecrated life.
I am still a formator who at the same time is a missiologist. The context has changed radically, and with it also the methods of formation and doing missiology. But the connection still exists: being an SVD formator sets much of my own missiological agenda.
In this volume of Verbum SVD we will mainly focus on the relationship between missiology and SVD identity. For that purpose we have invited SVD missiologists from different contexts to write about their respective experience and their individual ways of connecting their missiological work and their SVD identity. With all the differences that will appear in these contributions we will also see the importance of SVD identity as a common meeting point. The authors are writing from their perspectives in Asia, Oceania, America and Europe – presenting their own missiological work in relation to their SVD identity and the SVD understanding of mission. In addition, there are articles about the beginnings of pastoral and cultural institutes and about the question, “why dialogue?” At the end of this volume of Verbum SVD you will, as usual, find some book reviews and a list of publications of SVD confreres.
To all readers, contributors and to our editorial team with Ms. Ludwig and Ms. Striegel in our office I wish to express my gratitude for their continued support also for this 52nd volume of Verbum SVD.

Seite im Heft 363ff.