Editorial / Vorwort

In Verbum SVD 4/2015 werden verschiedene Missionssituationen betrachtet.

Christian Tauchner SVD

Unsere ist eine Zeit ohne größere Inspirationen und Vorhaben. Eine Zeit ohne Träume (vgl. 1 Sam 3,1). Die Praktiker und Handelnden sind gefragt. Postmodernes Denken brüstet sich gelegentlich sogar damit, dass theoretische Gesamtsichten abhandengekommen – oder ohnehin nutzlos – sind. Ausrichtungen und Sichtweisen scheinen sich auf freischwebende Illusionen von Mobiles, den beweglichen Skulpturen, zu gründen. Die Tage sind längst vorbei, an denen klare begriffliche Vorgaben (in Theologie und Kirche) das missionarische Tun und Vorhaben begründeten und ausrichteten.
In seiner Antwort auf einen Fragebogen zu den Hintergründen des „prophetischen Dialogs“ weist der frühere Generalsuperior Heinrich Barlage SVD darauf hin, dass von den praktischen Herausforderungen des „Tuns in der Mission“ und aus den früheren „Missionsländern“ neue Anregungen und Forderungen entwickelt wurden, die mit der Zeit zu den aktuellen Theorien und Ausrichtungen für Mission und Missionswissenschaft führten:
Es war in den „Missionen“, wo die Notwendigkeit des Ökumenismus auf eine besondere Weise begriffen wurde, der Akzent auf Evangelisierung statt auf Mission, das Bewusstsein weg vom Retten der Seelen hin zur Grün-dung von Kirchen, von Adaptation oder Akkommodation hin zur Inkulturation, von Bekehrung zum Dialog. Diese und andere ähnliche Sichtweisen wurden langsam und manchmal spannungsreich zum unumgänglichen Teil des aktuellen Lebens in der Mission (in: José Antunes da Silva, Diálogo profético, Fátima 2013, S. 429).
Diese Ausgabe des Verbum SVD nimmt aufmerksam verschiedene Situationen der Mission in den Blick, angefangen mit einer anregenden Analyse einer französischen Diözese und ihrer Missionssituation dort und im ganzen modernen Europa durch Erzbischof Albert Rouet. Andere Beiträge gehen in ihrer Betrachtung der Mission geschichtlich und biblisch vor. Klaus Vellguth schließlich nimmt das Silberjubiläum der FABC-Konferenz von Bandung zum Anlass um über die Small Christian Communities als Modell von Kirche zu reflektieren.
Blinder Aktivismus reicht sicher nicht aus, um als Jünger Christi irgendwie im Reich Gottes voranzukommen. Das „just do it“ der Marketingstrategie von Nike reicht nicht, wenn Missionare einen sinnvollen Beitrag zum neuen Himmel und zur neuen Erde in unserer Gesellschaft und Umwelt leisten wollen. Alles Engagement und der Umgang mit den vielfältigen Aufgaben in weithin unterschiedlichen und herausfordernden Kontexten verlangen auch nach dem kontemplativen Moment des Zurücktretens und des Sich-Zeit-Nehmens, um sich zu fragen: Was möchte denn der Heilige Geist und wohin führt er uns vorsichtig? Aristoteles meinte, dass „das Staunen der Anfang der Weisheit“ ist, wie in späteren Jahrhunderten der contemplativus in actione in einer guten Position gesehen wurde, um die wesentlichen Fragen und Anliegen unserer Zeit zu verstehen. Das reflektierende und kontemplative Moment ist ein wesentlicher Teil von Mission und Nachfolge, Verbum SVD ist ein Horizont, in dem die beiden Aktivitäten ihre Perspektive und ihre Zielrichtung artikulieren können.

We seem to be living in a time without major inspiration and purpose. It is a time with no dreams (cf. 1 Sam 3:1). The practitioners and doers seem to be having their day. Postmodern thinking at times boasts of the lack—and indeed uselessness—of theoretical frameworks. Orientation and perspective seem to be grounded on the ever moving illusions of a mobile, a kinetic sculpture. Gone are the days when clear conceptual frameworks (of theology, of church) grounded and shaped missionary practice and purpose.
In a reply to a questionnaire investigating the backdrops of “prophetic dialogue,” former Superior General Henry Barlage SVD points to the fact that from practical needs in “doing mission” and from the “mission countries” of old, new stimuli and requirements were formulated and eventually led to actualised theories and orientation for mission and missiology:
It was in the “missions” that the need for ecumenism was realized in a special way, the stress on evangelization in-stead of mission, the awareness from saving souls to founding the Church, from adaptation/accommodation to inculturation, from conversion to dialogue. These and similar approaches became slowly, and sometimes under tensions, part and parcel of the actual life in the missions (in José Antunes da Silva’s book on prophetic dialogue, p. 429).
This issue of Verbum SVD takes an attentive look at different mission situations, starting with archbishop Albert Rouet’s challenging analysis of a French diocese and the state of the mission there and in modern Europe. Other articles use historical and biblical procedures in their approach to mission. Klaus Vellguth takes the silver jubilee of the FABC Conference at Bandung as an opportunity to reflect on Small Christian Communities as a model of church.
It certainly takes more than blind activism if mission is to lead Christ’s disciples anywhere in the context of God’s kingdom. It is not the “just do it” of Nike marketing slogans how the missionaries will be able to make a significant contribution to the new heaven and earth in society and environment. All the engagement and handling of a multiplicity of tasks in widely different and demanding contexts will also require a contemplative moment of stepping back and taking time to wonder: Where is God’s Spirit hinting at and gently leading us to? Aristotle thought that “wonder is the beginning of philosophy,” similarly the contemplativus in actione of later centuries is in a good position to discover the important tasks and questions of our time. The reflective and contemplative moment is an essential part of mission and fellowship, Verbum SVD is a space for the two actions to gain perspective and purpose.

Seite im Heft 325ff.