Editorial / Vorwort

Die Artikel von Verbum SVD 3/2013 reflektieren über missionarische Wirklichkeiten oder präzisieren missiologische Gedanken.

Martin Üffing SVD

Das Motto des Internationalen Katholischen Hilfswerkes Missio für den diesjährigen Weltmissionssonntag ist ein Wort aus dem Buch des Propheten Jeremia: „Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben“ (Jer 29,11).
Dieses Wort sagt viel aus über das Ziel christlicher Mission: den Menschen Zukunft und Hoffnung geben ist eine genuin christliche und missionarische Aufgabe. Im Mittelpunkt steht Gott selbst als der, von dem jede missionarische Sendung ausgeht und der zugleich Ziel aller Mission ist. „Denn ich kenne meine Pläne, die ich für euch habe – Spruch des Herrn –, Pläne des Heils und nicht des Unheils; denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben“ (Jer 29,11), so lautet der gesamte Vers. Diese „Pläne des Heils“ bedeuten Zukunft und Hoffnung – immer ausgehend vom Hier und Jetzt. Und es sind Menschen hineingerufen in diese Mission Gottes (missio Dei), damit sie seine Pläne für Menschen in verschiedenen Zeiten und Kontexten umsetzen. Wir unterscheiden zwischen der Hoffnung auf das Letzte und Vollkommene auf der einen Seite und der Hoffnung auf das Vorletzte und das Ungefähre auf der anderen. Unsere Mission gehört zu diesem Zeitalter, nicht zum nächsten. Wir können so unsere ganze, umfassende Mission im Kontext auch unserer eschato-logischen Erwartung als „Aktion in Hoffnung“ (David Bosch) bezeichnen. Die Situation, in der wir (u. a.) in Europa in der Gemeinschaft der Kirche unsere Hoffnung bezeugen und aus ihr uns erneuern wollen, ist längst nicht mehr die Situation einer religiös geprägten Gesellschaft. In der Angst vor innerem Sinnverlust und vor wachsender Bedeutungslosigkeit steht unser missionarisches Leben zwischen der Gefahr kleingläubiger oder auch elitärer Selbstabschließung in einer religiösen Sonderwelt und der Gefahr der Überanpassung an eine Lebenswelt, auf deren Definition und Gestaltung es kaum mehr Einfluss nimmt. Der Weg der Mission in dieser Situation ist der Weg gelebter Hoffnung. Er ist auch das Gesetz aller kirchlichen Erneuerung. Und er führt uns in die einzige Antwort, die wir letztlich auf alle Zweifel und Enttäuschungen, auf alle Verwerfungen und alle Indifferenz geben können. Sind wir, was wir im Zeugnis unserer Hoffnung bekennen? Ist unser christliches Leben geprägt vom Geist und der Kraft dieser Hoffnung? Eine Kirche, die sich dieser Hoffnung anpasst, ist schließlich auch dem Heute angepasst und ohne Anpassung an diese Hoffnung hilft ihr kein noch so brisantes Aggiornamento. „Die Welt“ braucht keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion; sie braucht und sucht (wenn überhaupt) das Gegengewicht, die Sprengkraft gelebter Hoffnung. Und was wir ihr schulden, ist dies: das Defizit an anschaulich gelebter Hoffnung auszugleichen. In diesem Sinn ist schließlich die Frage nach unserer Gegenwartsverantwortung und Gegenwartsbedeutung die gleiche wie jene nach unserer christlichen Identität: Sind wir, was wir im Zeugnis unserer Hoffnung bekennen? (vgl. „Unsere Hoffnung“, Würzburger Synode, 1975)
Die Beiträge dieser Ausgabe von Verbum SVD reflektieren über missionarische Wirklichkeiten oder präsentieren missiologische Gedanken. Die Migrantenseelsorge stellt eine große Herausforderung für gegenwärtiges missionarisches Engagement auch in Europa dar. Das Thema Interkulturalität wird uns auch in den kommenden Jahren weiter beschäftigen – hier ein Beitrag zur Interkulturalität im Ordensleben. In weiteren Beiträgen geht es um Theologie im indonesischen Kontext, um das christliche Glaubensleben sowie um Herausforderungen zur Erneuerung der Kirche in Asien. Mission geschieht heute auf vielfache Weise, abhängig von Menschen und Situationen. Aber es geht immer auch um die Herausforderung, mit dem Schon und dem Noch-nicht christlicher Hoffnung kreativ und sinnvoll umzugehen.

The theme of this year’s (2013) Sunday of World Mission in Germany chosen by “Missio” is a word from the book of the prophet Jeremiah, “I will give you future and hope” (Jer 29:11).
This word is also about the goal of Christian mission: giving humankind future and hope is a Christian and missionary task. God is at the center, and any mission finds its point of departure and its goals in God. “Yes, I know what plans I have in mind for you, Yahweh declares, plans for peace, not for disaster, to give you a future and a hope.” Yahweh’s plans are about future and hope, always for people who live here and now. Talking about future and hope then, we have to distinguish: eschatologically, it’s hope for eternal salvation. But we are also thinking about future and hope for life here and now, life before death. Christian mission, as participation in the “missio Dei” happens in this age. Mission is “action in hope” (David Bosch). Bosch also observes that in every Christian tradition and in every continent we are still in the midst of a movement to reformulate a theology of mission in the age of an authentic eschatology. Eschatology determines the horizon of all Christian understanding. It has become clear that neither the eschatologization nor the historicization of mission satisfies. In its fixation on the parousia the first has neglected the problems of this world and thereby crippled Christian mission. In its preoccupation with this world to the exclusion of the transcendent dimension, the second has robbed people of ultimate meaning and of a theological dimension without which nobody can survive. We need an eschatology for mission which is both future-directed and oriented to the here and now. It must be an eschatology that holds in creative and redemptive tension the already and the not yet; the world of sin and rebellion, and the world God loves; the new age that has already begun and the old that has not yet ended; justice as well as justification; the gospel of liberation and the gospel of salvation. Christian hope does not spring from despair about the present. We hope because of what we have already experienced (cf. D. Bosch, Mission as Action in Hope, in: Transforming Mission, 1991).
In this volume of Verbum SVD we want to offer again reflections about missionary realities and plans. Pastoral care for migrants is a worldwide concern, challenging more and more missionary involvement also in Europe. The theme of “Interculturality” will, after the SVD General Chapter of 2012, remain a concern for our missiological research. The contribution here looks again on interculturality in religious life. Other articles are about theology in the context of Indonesia, the life of faith of Christians in relation to what the New Testament presents to us, and about challenges to the renewal of the church in Asia.
Mission happens in many ways, but whoever the people and whatever the context of mission, we encounter the tension between the already and the not yet of salvation and the Christians’ responsibility to listen to God’s plan of salvation.

Seite im Heft 259ff