Steyler Missionschronik 2021

Der Schwerpunkt der Steyler Missionschronik 2021 liegt auf der Arbeit der Steyler Missionare und Missionsschwestern in (Papua-)Neuguinea, die vor 125 Jahren ihren Anfang nahm.

Vor 125 Jahren kamen die ersten Steyler Missionare im heutigen Papua-Neuguinea an. Dieser Aufbruch stand unter klaren Vorzeichen des Kolonialismus: Das Deutsche Reich hatte 1886 einen Teil der großen Insel übernommen – Kaiser-Wilhelms-Land. Das Reich bestand darauf, dass deutsche Missionare dort wirkten – Mission war in nationale Interessen eingebunden. Die kaiserliche Regierung legte „großen Wert darauf, dass die in ihren Kolonien tätigen Missionsgesellschaften einen deutschen Charakter tragen und ihre Mitglieder deutsche Reichsangehörige sind“, hieß es in den Verhandlungen. Die ersten Missionare dort mit Pater Limbrock machten sich noch keine Vorstellungen von der unglaublichen kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Menschen, sie gingen von ein paar Dutzend Sprachen kleiner Gruppen aus. Aber das ganze Hochland war noch nicht einmal erahnt – eine wahre Entdeckungsgeschichte, die den Horizont der Welt und Kirche wesentlich erweitern sollte.

Die Steyler Missionschronik 2021 berichtet von einigen Ergebnissen des langen Lernens und der Begegnung mit den vielen Völkern und Kulturen Papua-Neuguineas: der unglaublichen Sprachenvielfalt, der Begleitung der Entwicklung einer jungen Landessprache – des Tok Pisin –, der Entwicklung von Zeitungen und Pastoralmodellen, der Beiträge für Bildung und Gesundheit. Die Bildteile schwelgen in Farbenvielfalt: bemalte Gesichter und Körper, Kopfschmuck und Grasröcke, Gottesdienste und Volksfeste mit Tänzen, Trommeln und Gesang. Als ob Sie mit dieser Steyler Missionschronik in eine längst vergangene Zeit geführt würden. Als ob hier „Mission“ so dargestellt würde, wie es sie schon lange nicht mehr zu geben schien. Als ob es bei „Mission“ um folkloristischen Aufputz und Romantik ginge.

Tatsächlich könnte man sich bei den bemalten Gesichtern und Körpern in eine entfernte und fremdländische Exotik entführt – und verführt – fühlen. In ihrem Bericht erzählt Schwester Miriam Dlugosz, dass ihre Studenten – die auf ihren Hochschulabschluss hinarbeiten, also demnächst Journalisten, Ärzte, Ingenieure sein werden – für bestimmte Feiern und festliche Anlässe gern ihre Trachten, Bemalungen und Muttersprachen verwenden; der junge Krieger, die junge Tänzerin mit Grasrock und bemaltem Gesicht heute – wie auf dem Umschlag – büffelt also morgen wieder in Jeans und T-Shirt am Computer, im Labor und in der Bibliothek. Vielleicht geht das in Richtung einer gelingenden Inkulturation: Der christliche Glaube drückt sich in der eigenen Kultur aus, wenn er ernst gemeint sein soll. Wie in unseren Landen ja die Fronleichnamsprozession oder das Patronatsfest der Gemeinde auch eine besondere Gestaltung fordern, an denen man mit entsprechender Kleidung und dazugehörendem Verhalten teilnimmt. Und wie auch in unseren Landen entwickeln sich die Kulturen weiter, werden neue Formen und Verhaltensweisen übernommen, geraten alte Bräuche in Vergessenheit. Für die unglaublich vielfältigen und reichhaltigen Kulturen auf letztlich doch sehr engem Raum – Papua-Neuguinea ist um ein Drittel größer als Deutschland, zählt aber 800 Kulturen und Sprachen bei nur fünfeinhalb Millionen Einwohnern – bringt der rasende Erneuerungs- und Modernisierungsdruck größte Herausforderungen mit sich.

Das Land erreichte 1975 seine Unabhängigkeit. Einige Steyler Missionare, die in dieser Steyler Missionschronik teilweise mit Verwunderung auf diese fünf Jahrzehnte zurückblicken, sind immer noch dort aktiv. Sie erinnern sich an ihre ersten Entdeckungen und Erfahrungen, wie sie von den Menschen im Hochland oder an den Flüssen, in Pfarreien oder Forschungsinstitutionen in Bann gezogen und reich beschenkt wurden durch viele Probleme, aber noch viel mehr durch Begegnungen, Freundschaften und das Zusammenleben.
Unser Generalsuperior Paulus Budi Kleden SVD stellt die Arbeit der Steyler in Papua-Neuguinea vor, mit ihren großartigen Entwicklungsphasen, dem Selbstständigwerden einer Ortskirche und der Veränderung der Aufgaben für die Steyler. Ähnlich kommt es zum Vorschein im Bericht von Erzbischof Douglas Young und seiner Berufungsgeschichte. Eine Reportage zeigt die Steyler Generalleitung in Rom: Die Kongregation braucht Koordination und Ausrichtung, letztlich ein Dienst einer relativ kleinen Gruppe von Steylern an der weltweiten Gesellschaft des Göttlichen Wortes.

Ob Generalsuperior, Bischof, Forscher, Missionsschwester oder junger Steyler Neupriester auf dem Weg in seine Mission in Deutschland, in dieser Steyler Missionschronik begegnen Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, Missionare und Schwestern, denen es vor allem um das erfüllte Leben ihrer Mitmenschen geht. Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an den Menschen in Papua-Neuguinea – mit bemaltem Gesicht oder lässig mit Krawatte und Dreadlocks –, für Ihre Unterstützung der Steyler Missionare. Ich bitte Sie um Ihr Gebet und Ihr Engagement weiterhin und wünsche Ihnen viel Vergnügen in der Begegnung mit den Menschen, von denen die Steyler Missionschronik berichtet.

Christian Tauchner SVD

 
Cover MC 2021