Editorial - Vorwort

Das Zweite Vatikanische Konzil wurde zu einem wichtigen Maßstab für Entwicklungen in den Theologien der Mission und der Offenbarung der vergangenen 50 Jahre. In dieser Ausgabe von "Verbum SVD" wird in besonderer Weise das Verständnis von Offenbarung beleuchtet.

Martin Üffing SVD

Nach dem Brief an die Kolosser wurde Paulus ein Diener der Kirche, um “das Wort Gottes zu erfüllen“ bzw. „das Wort Gottes ganz bekannt zu machen“. „Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt. Ich diene der Kirche durch das Amt, das Gott mir übertragen hat, damit ich euch das Wort Gottes in seiner Fülle verkündige, jenes Geheimnis, das seit ewigen Zeiten und Generationen verborgen war. Jetzt wurde es seinen Heiligen offenbart“ (Kol 1,24-26).
Aus dem Neuen Testament geht klar hervor, dass Mission das direkte Ergebnis der Selbstoffenbarung Gottes in der Auferstehung Jesu Christi ist. Bei jeder Erscheinung des Auferstandenen gibt es eine Sendung (vgl. Mt 28,10; Mk 16,7; Joh 20,22; Mt 28,19f; Apg 1,8). Christus nach der Auferstehung begegnen führt zum Zeugnis. Die Apostel werden von einer inneren Kraft (dem Geist) gedrängt zu verkündigen, was sie gesehen und gehört haben. „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben“ (Apg 4,20) oder „denn die Liebe Christi drängt uns …“, wie Paulus es ausdrückt (2 Kor 5,14). Das Wort, das verkündet wurde, war das „Wort Gottes“, das „Wort des Lebens“, das „Wort der Wahrheit“, aber auch das „Wort des Kreuzes“. Den auferstandenen Christus zu verkündigen bedeutet, ihn zu verkündigen als „den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit …“ (1 Kor 1,23). Es ist dieses Wort, Jesus Christus, die Frohe Botschaft, das das Zentrum unserer Mission bildet, aus dem aber auch Motivation, Inhalt und Ziel von Mission hervorgehen. Es geht nicht um das Christentum, nicht um die Kirche und nicht um eine Ordensgemeinschaft, sondern um Jesus Christus und seine Botschaft vom Reich Gottes. Das „Missio-Dei“-Konzept leitet unsere Aufmerksamkeit in genau diese Richtung. Schon in Ad Gentes (1965) finden wir, dass „die pilgernde Kirche ihrem Wesen nach missionarisch ist, da sie selbst ihren Ursprung hat in der Sendung des Sohnes und des Heiligen Geistes, in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, des Vaters“ (AG 2). Um auf diese Weise gesandt zu werden, wird der Glaube vorausgesetzt, und die Bedingung für den Glauben ist eine persönliche Erfahrung des Göttlichen oder, für Christen, die Offenbarung Gottes. Dei Verbum (1965) unterstreicht das, wenn gesagt wird, dass durch Offenbarung „der unsichtbare Gott aus der Fülle seiner Liebe zu Menschen als Freunden spricht und sie zur Gemeinschaft mit ihm einlädt“ (DV 2). Gottes Offenbarung geht der Mission voraus; Mission ist so auch eine Antwort, die immer neu zu neuen Zeiten und in neuen Kontexten gegeben werden muss. Das Zweite Vatikanische Konzil wurde zu einem wichtigen Maßstab für Entwicklungen in den Theologien der Mission – und der Offenbarung – der vergangenen 50 Jahre. Seit damals wurden in der missionarischen Kirche neue Perspektiven entwickelt, neue Türen geöffnet und neue Wege beschritten.
Die vorliegende Ausgabe von Verbum SVD möchte daran erinnern, indem hier in besonderer Weise auf das Verständnis von Offenbarung geschaut wird. Die dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung, Dei Verbum, wurde am 18. November 1965 verabschiedet. Die Einladung, die Heilige Schrift ins Zentrum von Leben und Mission der Kirche zu stellen, wurde von vielen akzeptiert. Die Beiträge in diesem Verbum SVD laden ein, auf Dei Verbum und einige Aspekte der Rezeption des Dokuments zu schauen, sich an das Jahr des Ordenslebens zu erinnern und sich mit einigen (ökumenischen) Entwicklungen des gegenwärtigen Missionsverständnisses zu befassen.

According to the letter to the Colossians, Paul became a servant of the church to “fulfill the Word of God” or “to make the Word of God fully known.” “Now I rejoice in my sufferings for your sake, and in my flesh I complete what is lacking in Christ’s afflictions for the sake of his body, that is, the church of which I became a minister according to the divine office which was given to me for you, to make the word of God fully known, the mystery hidden for ages and generations but now made manifest to his saints” (Col 1:24-26).
It is clear in the New Testament accounts that mission is a direct fruit of God’s self-revelation in the resurrection of Jesus Christ. At every appearance of the risen Christ there is a sending (cf. Mt 28:10, Mk 16:7, Jn 20:22, Mt 28:19f, Acts 1:8). Encountering Christ after the resurrection leads to witnessing. The apostles are impelled by an in-terior force (the Spirit) to proclaim what they have seen and heard. “We cannot but speak of what we have seen and heard” (Acts 4:20) or “the love of God controls us …,” as Paul describes it (2 Cor 5:14). The word proclaimed was the “Word of God,” “Word of life,” “Word of truth,” but also “Word of the Cross.” To preach Christ risen is also to preach “Christ crucified, a stumbling block to Jews and folly to Gentiles …” (1 Cor 1:23). It is this Word, Jesus Christ, the “Good News,” which is at the center of our mission, the motivation, content, and goal of our missionary ministry. It is not Christianity nor the church or a religious order, but it is Christ and his message of the Reign of God. The concept of “Missio Dei” leads our attention into this direction. Already Ad Gentes (1965) states that “the pilgrim Church is missionary by her very nature, since it is from the mission of the Son and the mission of the Holy Spirit that she draws her origin, in accordance with the decree of God the Father” (AG 2). To be missioned in such way faith is presupposed and the condition for faith is a personal experience of the divine or, in Christian terms, God’s revelation. Dei Verbum of Vatican II (1965) talks of this: through revelation “the invisible God out of the abundance of His love speaks to men as friends and lives among them, so that He may invite and take them into fellowship with Himself” (DV 2). God’s self-revelation precedes mission; mission is a response to be given always anew at new times and in new contexts. The Second Vatican Council has become a benchmark for developments in the theologies of mission—and revelation—of the past 50 years. New perspectives have been presented, new doors have been opened and new ground has been broken for the missionary church since then.
The present issue of Verbum SVD wants to recall this, looking in a special way at the understanding of revelation. On November 18, 1965, the dogmatic constitution Dei Verbum was promulgated. The invitation to put Holy Scripture at the center of the church’s life and mission has been accepted by many. Our articles invite to look at Dei Verbum and some aspects of its reception, to remember the year of consecrated life and critically deal with (ecumenical) developments in contemporary mission.

Seite im Heft 5ff.